PARADISO DEL CEVEDALE


Inmitten eines Stücks unberührter Natur im Südtiroler Martelltal hat sich die städtische Zivilisation in den 30er Jahren ein futuristisches Hotel von dem berühmten italienischen Architekten Gio Ponti errichten lassen, in dem sich ihre Sehnsucht nach dem Himmel auf Erden und die Unmöglichkeit diese zu verwirklichen, kreuzen.
Leute von außen und die Bauern aus dem Tal bringen ihre eigene Geschichte mit dem „Paradies“ ins Spiel. Es werden Zeiträume sichtbar und ihre dramatischen Veränderungen; eine Konfrontation von Sprachen (Südtiroler Dialekt, Italienisch, Hochdeutsch), Kulturen und Ideologien in der Abgeschiedenheit der alpinen Landschaft.


Negli anni 30, in mezzo a un pezzo di natura intatta in una valle dell´Alto Adige, la civilizzazione urbana si è fatta costruire dal famoso architetto Gio Ponti un albergo futuristico, il Paradiso, nel quale si incrociano il desiderio di avere il cielo in terra e l`impossibilità di realizzarlo. Partendo dalle rovine di oggi, la pellicola spazia dagli anni 30 fino al presente. Signori benestanti e influenti venuti da fuori e contadini della valle portano in gioco la loro storia con il « Paradiso ». Diventando visibili spazi temporali e i loro cambiamenti drammatici. Un confronto di lingue (dialetto altoatesino, italiano, tedesco), culture e ideologia nell´isolamento del paesaggio alpino.


Carmen Tartarotti zu ihrem Film:
In dem Film habe ich auf ein Bild zurückgegriffen, das sich mir im Alter von etwa 17 Jahren so stark eingeprägt hatte, dass es 20 Jahre danach noch sehr lebendig in mir war. 
 
Mit meinem damaligen Jugendfreund, der Getränke an die Gaststätten der verschiedensten Orte auszuliefern hatte, fuhr ich des öfteren ins hinterste Martelltal und er zeigte mir eine Ruine, deren Architektur rätselhaft in der Landschaft stand. 
 
Die Tatsache, dass man nicht an das Gebäude heran konnte - es war nur über eine baufällige Brücke zu erreichen, die zu betreten verboten war - hat unsere Phantasie belebt.
 
Den Blick auf die andere Seite gerichtet, rätselten mein Freund und ich, was es mit dieser Ruine wohl auf sich haben mochte. Angeblich sollten noch Reste von Malereien an den Zimmerdecken vorhanden sein und Mosaiken aus Gold und Lapislazuli. Und es gab Vipern im Geröll der Mauern. Der Name Paradies und der davor aufragende Cevedale-Gletscher betonten den rätsehaft-geheimnssvollen Anblick.
 
Der Standpunkt diesseits der Grenze, mit dem Blick hinüber, der in der Wahrnehmung eine Mischung aus Wahrheit und Legende ergab, spielte in der Dramaturgie des 20 Jahre später entstandenen Films eine wichtige Rolle, insofern, als die Fassade des Gebäudes eine Art Leinwand in der Landschaft darstellte, auf welche die Erlebnisse, Beobachtungen und Phantasien der Zeitzeugen, die das Paradieshotel in seiner Blütezeit als Gäste oder Zaungäste, als Zugelassene und Nichtzugelassene erlebt hatten, projiziert werden konnten. Je nachdem, mit welchem Erfahrungs- und Wissensstand der Zuschauer im Verlauf des Films darauf blickt, werden immer andere und neue Assoziationen wachgerufen.
 
Als ich 1986 von Frankfurt aus direkt ins Martelltal fuhr, um herauszufinden, welche Zeit- zeugen es noch gab, stellte sich heraus, dass jeder ältere Marteller zwar unmittelbar auf den Namen Paradieshotel reagierte, kaum jemand konnte oder wollte aber eine konkrete Auskunft erteilen. Das Ergebnis meiner Recherche waren einzelne Bilder, versprengte Erlebnisse, Erinnerungen an Kurz- Begegnungen, die irgendwo begannen und wieder abrissen. Gesehenes, Gehörtes und Imaginiertes vermischten sich zu einem interessanten und spannungsreichen Kaleidoskop, das ich versucht habe, im Film dramaturgisch umzusetzen.
 
Mir ging es in dem Film weniger um die Architektur des Hotels (der Entwurf stammt von dem berühmten Mailänder Architekten Gio Ponti), sondern um den sozialen und historischen Stoff;
Das Aufeinanderprallen von städtischer Zivilisation und bäuerlich-alpiner Ursprünglichkeit, die Begegnung der Einheimischen mit dem Fremden, die unterschiedlichen Interessen der sozialen Klassen, die Kollision zweier Sprachen und Kulturen und alles was in diesem Kontrast an Zwischentönen zum Klingen kommt. Auch die historische Konstellation von politischer Okkupation eines Territoriums im Dornröschenschlaf kommt natürlich zum Tragen.
 
"Kein besonderer Komfort", sagt die Tochter einer ehemaligen Aktionärin, denn sie wollten ja Natur und Berge erleben. "Die Kellner haben den Gästen mit weißen Handschuhen die Orangen geschält", sagt eine Martellerin. Tatsache ist, dass das Hotel in seiner Einfachheit von A-Z sehr stilvoll eingerichtet war und einen Lebensstil praktizierte, zu dem die  Marteller weder als Gäste, noch als Personal Zutritt erhielten. Sie durften die Strassen bauen, Eier und Fleisch liefern, aber nicht als Bedienstete mithinein genommen werden. Die Widersprüche sind bizarr, wenn man bedenkt, dass die Marteller Bauern lange Zeit nicht aus dem Tal hinaus gekommen sind, weil es keine Strassen gab. Als dann die städtische Klientel mit den ersten Autos ins abgelegene Tal fuhr, um im Paradies-Hotel in Luxus und Komfort zu schwelgen, wurde die Talbevölkerung vom italienischen Staat in den Abessinienkrieg geschickt. Die Kühe durften nicht scheißen, aber die Steinböcke waren beliebt, weil sie „eine Art Zoo in der wilden, freien Natur darstellten“.
 
Der Aufwand das Hotel zu bauen war groß, seine Blütezeit aber von kurzer Dauer. Schon bald nach seiner Entstehung in den 30er Jahren, wurde es aufgrund einschneidender historischer Ereignisse stark in Mitleidenschaft gezogen, bis zu seinem endgültigen Verfall in den 50er Jahren. Mehrere Käufer haben versucht, das ihre daraus zu machen. Heute gehört es Frau Margarethe Fuchs, Besitzerin der Brauerei Forst und steht seit über 40 Jahren als Ruine da.